Tipps & Tricks
Eine theoretische Betrachtung mit SOLIDWORKS Simulation. Wussten Sie, dass das Wiener Würstchen in Wien „Frankfurter Würstchen“ heißt? Und das kommt so: Nach Beendigung seiner Lehre zum Metzger wanderte Johann Georg Lahner (1772–1845) von Frankfurt nach Wien aus und brachte sein Rezept für Frankfurter Würstchen mit. Während in Frankfurt Schweine- und Rinder-Metzgereien noch streng getrennt waren, gab es […]
27.05.24
Wussten Sie, dass das Wiener Würstchen in Wien „Frankfurter Würstchen“ heißt?
Und das kommt so: Nach Beendigung seiner Lehre zum Metzger wanderte Johann Georg Lahner (1772–1845) von Frankfurt nach Wien aus und brachte sein Rezept für Frankfurter Würstchen mit. Während in Frankfurt Schweine- und Rinder-Metzgereien noch streng getrennt waren, gab es diese Trennung in Wien schon nicht mehr, was ihm erlaubte, in seiner leicht geänderten Rezeptur auch Rindfleisch zu verwenden. Die Würstchen wurden ein Verkaufsschlager und bekamen in Wien auf Grund der Ähnlichkeit der Rezeptur den Namen „Frankfurter Würstchen“, in Deutschland allerdings umgekehrt „Wiener Würstchen“.
Wenn Sie schon mal Wiener Würstchen zubereitet haben, kennen Sie das: Wenn es schlecht läuft, platzen die Würstchen auf. Und immer in Längsrichtung, nie quer.
Eine schöne Fragestellung für eine Simulation, eine recht einfache noch dazu.
Normalerweise verwenden wir die FEM-Simulation, wenn das System zu komplex ist, um es formelmäßig zu behandeln. Dieses System ist tatsächlich nicht sehr komplex, es gibt eine sehr einfache theoretisch exakte Möglichkeit der Berechnung. Doch dazu später mehr.
Simulation bedeutet, eine Rechnung an einem Modell durchzuführen, welches das reale System hinreichend genau abbildet. Aber wie bilde ich ein System ab, von dem ich so gut wie gar nichts weiß? Ehrlich gesagt, wenn Sie in Ihrem Arbeitsalltag ein Modell ernsthaft berechnen wollen, kommen Sie nicht sehr weit, wenn Sie die Umstände nicht genau definieren können. In diesem Sonderfall können wir aber schon rechnen.
Und das liegt daran: Die Frage lautet schlicht “Warum platzt das Würstchen längs auf?”, nicht etwa “bei welcher Temperatur, nach welcher Zeit?” usw. Es ist schlicht eine theoretische Überlegung, ich gedenke nicht, ernsthafte Werte daraus abzuleiten.
Die Arbeitsschritte zur Simulation sind immer dieselben:
Modell erstellen und Werkstoffe zuweisen
Lager und Kräfte antragen
Vernetzen
Simulieren und die Ergebnisse interpretieren.
Ein einzelnes Wienerle ist ja aus SOLIDWORKS-Sicht eine Baugruppe bestehend aus zwei Teilen, nämlich dem Wurstbrät und der Pelle. Die Wurst-Baugruppe schwimmt in einem Topf voll heißem Wasser. Das könnte in etwa so aussehen:
Ich trenne mich also von allem, was nicht unbedingt nötig ist: auf Herdplatte, Topf und Wasser kann ich verzichten. Ich begnüge mich mit der Annahme, dass die Herdplatte über den Topf das Wasser erhitzt und kann für meine Rechnung auch annehmen, dass das heiße Wasser mein Würstchen gleichmäßig erhitzt (was in Wirklichkeit nicht so ist). Es bleibt nur die Wurst-Baugruppe übrig.
Es passiert jetzt also folgendes: Auf Grund der Wärmeeinwirkung dehnen sich Wurstbrät und Wurstpelle aus, das Wurstbrät offensichtlich stärker, denn deswegen platzt die Pelle ja. Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wie so die Wärmeausdehnungskoeffizienten von Wurstpelle und Wurstbrät sind. Ich fürchte, dazu kann ich in der ansonsten sehr umfangreichen Materialdatenbank von SOLIDWORKS nichts finden, und auch das Internet hilft hier nicht weiter. Sollte jemand von Ihnen diese Parameter kennen, dürfen Sie mir gerne schreiben.
Mit dem Wissen, was dem Würstchen passiert und völliger Ahnungslosigkeit der Werkstoffparameter trenne ich mich an dieser Stelle von dem Wurstbrät und begnüge mich damit, dass offensichtlich ein gleichmäßiger Druck von innen auf die Wurstpelle einwirkt – so werde ich das im nächsten Arbeitsschritt verwenden. Für die Wurstpelle verwende ich Gummi aus der Materialdatenbank (nicht lecker…).
Und damit habe ich dann auch das endgültige, sehr einfache, Modell gefunden: Die Wurstpelle reicht völlig aus. Für dieses theoretische Beispiel habe ich die Wurstpelle sehr dick gemacht. Würde man so nicht essen wollen, hat aber den Vorteil, dass man später mehr daran sehen kann. Nicht vergessen: Es interessiert nur das “Warum?”, sonst nichts.
Das Versuchsmodell sieht unter dem Strich dann so aus:
Und es geht fröhlich weiter mit Vereinfachungen. Wie schon gebeichtet, kenne ich den Druck, den das Wurstbrät ausübt nicht. Ich setzte ihn einfach mit 1 N/m2 an.
Die Lagerung ist speziell: Das Würstchen im Wasser ist ja gar nicht gelagert. Ganz im Gegenteil, es schwimmt frei im Wasser. Für die Simulation setze ich in den Studien-Eigenschaften die Option „Massenträgheitsentlastung“, da der Druck in alle Richtungen gleichgroß ist und dadurch das Würstchen in Position gehalten wird.
Ich vernetze mein Modell mit den von SOLIDWORKS Simulation vorgeschlagenen Parametern, aber als Schalen (bietet sich bei diesem Modell an und rechnet schneller) und starte auch unmittelbar mit der Simulation.
SOLIDWORKS meldet sich nach wenigen Augenblicken bereits mit den ersten Ergebnissen. Das sind aber noch nicht die Ergebnisse, aus denen ich besonders schlau werde. Deswegen erzeuge ich mir noch weitere Auswertungen, nämlich die Spannungen in Achsrichtung (z) und in tangentialer Richtung (y). Für beide Studien passe ich noch die Skalen an, so dass Sie für beide Studien gleich sind.
Spannungen axial
Spannungen tangential
Wichtig ist, daran zu denken, dass die Messwerte selbst keinen Pfifferling wert sind, da ich keine meiner Eingangsgrößen beziffern konnte und extrem vereinfacht habe. Die Studie beantwortet wunderbar unsere Ausgangsfrage:
Ich kann das weiter präzisieren, wenn ich mit der Funktion „Sondieren“ genaue Werte an der zylindrischen Oberfläche abnehme:
Ergebnis der Sondierung axial
Ergebnis der Sondierung tangential
Wie zuvor schon erwähnt, ist dies eine recht einfache Rechnung, die man vergleichsweise bequem auch von Hand ausführen könnte. Eine prima Erklärung zu dem Phänomen gibt es im Internet unter www.wurstakademie.com, hier nur eine kurze Zusammenfassung:
Und das deckt sich ziemlich genau mit dem, was SOLIDWORKS Simulation ermittelt hat!
Übrigens sieht man an der theoretischen Herleitung, dass es rechtens war, zahlreiche Parameter wie Wärmeausdehnungskoeffizient etc. zu vernachlässigen. Die spielen in der Rechnung nämlich – bei dieser Fragestellung – tatsächlich keine Rolle. Außerdem sieht man, dass das Phänomen natürlich nicht nur Wiener Würstchen betrifft, sondern auch Frankfurter – und alle anderen.
Das soeben erworbene Wissen über den Grund des Platzens hilft leider nur bedingt, um das Platzen zu verhindern. Stöbert man im Internet, finden sich ein paar Tipps:
Wenn Sie selber simulieren möchten, empfehle ich Ihnen unsere Schulungen zu SOLIDWORKS Simulation. Informationen zu den Inhalten und den Terminen finden Sie auf unserer Website.
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Quellen und Bildnachweise:
Wiener Würstchen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_W%C3%BCrstchen
Wurstakademie: http://www.wurstakademie.com/blog/physik-warum-platzt-wurst-immer-der-laenge-nach
Würstchen erwärmen: https://www.haushaltstipps.net/wuerstchen-kochen-so-machen-sie-es-richtig
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